Promotion Musikwissenschaften – „Musik ist immer Teil des Alltags“
Musikwissenschafter Christian Haber, 36, promoviert an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg zur musikalischen Reduktion. Im Interview mit hochschul-job.de verrät er, welche Rolle die Musik schon immer in seinem Leben spielte, ob er Musik hören kann, ohne diese zu analysieren, wie schwierig Interpretationen in der Musikwissenschaft sind, welche Aufgaben seinen Arbeitsalltag bestimmen und wie wichtig es ist, sich zu fragen, was man im Leben wirklich will.
Herr Haber, welche Rolle spielt die Musik in Ihrem Leben?
Haber: Ich bin in einer musikalischen Familie aufgewachsen. Meine Eltern sind beide Klavierlehrer. Das heißt, ich habe von Kindesbeinen an die ganze Zeit Musik um mich herum gehabt und dementsprechend war für mich recht früh klar, dass ich in meinem Leben auf jeden Fall etwas mit Musik machen möchte.
Wieso fiel Ihre Wahl gerade auf die Musikwissenschaften?
Haber: Ich wollte mich intellektuell und philosophisch mit der Musik auseinandersetzen. Wie funktioniert die Musik und was macht sie kulturell und sozial mit den Menschen? So etwas lernt man in den Musikwissenschaften. Wenn man an einer Hochschule ist und dort ein Instrument lernt, beherrscht man dieses Instrument irgendwann perfekt. Das ist auch eine großartige Sache, die ich gerne gemacht hätte, aber manchmal fehlt einem dann der Blick für die größeren Zusammenhänge der Musik und die fand ich immer schon total spannend.
Begleitet die Musik Sie auch in Ihrer Freizeit?
Haber: Ich spiele Klavier und ich habe früher Perkussion (Schlag- und Effektinstrumente – Anmerk. Red.) gemacht. Darüber hinaus habe ich in mehreren Bands gespielt und in Chören gesungen. Eine Zeitlang habe ich auch selbst Klavierunterricht gegeben. Also klar, Musik ist immer Teil des Alltags.
Promotion Musikwissenschaften – Christian Haber zu Thema und Vorgehen seiner Forschungsarbeit
Kommen wir auf Ihr Forschungsthema zu sprechen: Sie promovieren zur Diversität und Verbreitung der musikalischen Reduktion. Was bedeutet denn musikalische Reduktion?
Haber: An sich muss man sagen, musikalischen Minimalismus, also die Reduzierung der Musik auf das Wesentliche, gab es schon immer. In den 1960er und besonders den 1970er Jahren gab es in den USA eine Strömung, die sich dezidiert mit der Frage beschäftigt hat, was sind die wesentlichen Parameter einer Komposition und was passiert, wenn man diese Parameter auf den kleinstmöglichen Anteil reduziert. Man muss sich das so vorstellen: Ein Musikstück kann auf mehreren Ebenen beschrieben werden, zum Beispiel Lautstärke, Tonvorrat, Besetzung oder Tonart. Wenn man einen dieser Parameter nimmt und ihn auf das Minimalste reduziert, dann hat man eine minimalistische Tendenz. Das wurde in den 1970er Jahren von Komponisten wie Steve Reich und Philip Glas begonnen und hat sich bis heute in die Pop-, Rock- und Jazz-Musik durchgesetzt. Das Problem dabei ist, dass man auch in konventioneller Musik, sei es Bach oder die Rolling Stones, Parameter finden kann, die mehr oder weniger reduziert, vielleicht sogar minimalistisch sind und die Frage ist dann, wie kann man legitimieren, dass man einer bestimmten Musikform zuschreibt, dass sie minimalistisch ist. Also ab wann ist ein Stück wirklich minimalistisch?
Gibt es ein Beispiel für minimalistische Musik in der heutigen Pop-Kultur?
Haber: Interessanterweise haben sich diese Techniken so verselbstständigt, dass sie in den Alltagsgebrauch von allerlei Musik eingegangen sind. Ein großes Phänomen ist Billie Eilish. Sie hat zwar nicht dezidiert etwas mit minimal music zu tun aber ihre Songs sind dennoch in bestimmten Parametern sehr minimalistisch. Es ist spannend, dass ihre Stimme total im Vordergrund steht, obwohl sie so leise singt. Eines der wesentlichen Merkmale in der minimal music ist Repetition, also Wiederholung, und da gibt es dann die Repetition bis ins Unendliche. Das hat bei Erik Satie Anfang des 20. Jahrhunderts angefangen aber auch die modernen Pianisten wie Yann Tiersen und Ludovico Einaudi arbeiten auf einer bestimmten Ebene mit sehr einfachen Strukturen, mit Dreiklängen und deren Wiederholungen.
Können Sie abschalten, während Sie Musik hören?
Haber: Es wäre schlimm, wenn man nur noch analytisch Musik hören könnte, aber es ist schon ein bisschen eine Berufskrankheit, dass mich manche Musik mittlerweile total kalt lässt. Es gibt Stücke, die sind wahnsinnig bekannt und ich höre das und verstehe nicht, warum das den Leuten gefällt. Damit irgendetwas interessant ist, muss es nicht notwendigerweise komplex oder minimalistisch sein und ich kann mich dann schon emotional auf Musik einlassen. Es gibt dieses Vorurteil, dass die Musikwissenschaftler:innen immer analytisch und rational über Musik nachdenken und ich glaube auch, dass da teilweise etwas dran ist aber auf mich persönlich trifft es nicht so zu, weil ich auch selber immer Musik gemacht habe. Die Musik muss mich mitnehmen, abholen, sie muss mich bewegen, sie muss mich berühren, sie muss mich zum Tanzen animieren, was es auch sei… Es gibt ja auch ganz unterschiedliche Kontexte, in denen man Musik hören will, und da wäre es hinderlich, wenn man immer nur analytisch hört, aber ganz ausschalten kann ich das auch nie.
Wie geht Ihre Forschung von Statten? Welche Methoden und Fragestellungen verfolgen Sie?
Haber: Ich nutze eine philologisch-hermeneutische Herangehensweise. Als historischer Musikwissenschaftler betrachte ich die Musik als Werk oder Zeitdokument und versuche aus dem Kunstwerk heraus bestimmte Schlüsse zu ziehen. Was das Publikum darüber denkt oder was der Komponist/die Komponistin darüber sagt, ist für meinen Forschungsgegenstand sekundär. Mich interessiert eher, wie der Minimalismus von Komponist:innen genutzt wird, um vermeintlich etwas bestimmtes auszudrücken. Der musikalische Ausdruck ist ein eigenes Themenfeld in der Musikwissenschaft: Was ist eigentlich Ausdruck? Wer drückt sich aus? Was drückt er/sie aus? Und wodurch? Und das ist sozusagen die Frage, die ich mir stelle: Wie sind Techniken, die man als minimalistisch beschreiben kann, geeignet, um bestimmte Inhalte zu transportieren?
Wie schließt man denn allein durch die Betrachtung des Werkes auf die Botschaft eines Komponisten/einer Komponistin?
Haber: Das ist natürlich kein einfaches Feld, weil sich immer Argumente dagegen finden lassen und man sich oft mit dem Vorwurf konfrontiert sieht, das seien alles nur eigene Interpretationen. Man ist als Wissenschaftler:in nicht davor gefeit die eigenen Ansichten in die Interpretationen einfließen zu lassen. Man muss dann schauen, dass man allgemeingültige, stichhaltige Beweise für eine Aussage findet. Viele Musikwissenschaftler:innen befassen sich gar nicht mehr mit der Interpretation, vielleicht auch weil sie sich nicht trauen. Aber ich habe ein Problem damit Musik nur zu beschreiben, denn wenn ich die Musik nur beschreibe, ohne überhaupt etwas zu interpretieren, dann interessiert es ja am Ende niemanden. Die Leute wollen sich ja, glaube ich, mit Bedeutung und Sinn von einem Kunstwerk auseinandersetzen und sich fragen ‚Was sagt mir das denn jetzt, wenn ich das höre?‘.
Das heißt, die Interpretation eines Musikstückes steht und fällt mit der Stichhaltigkeit der Beweise für die Bedeutungszuschreibung?
Haber: Das ist das Spannungsfeld, in dem sich die Musikwissenschaft bewegt, weil sie letztlich eine philosophische Disziplin ist. Ich würde sagen, es geht nicht nur darum, Fakten darzulegen. Die muss man natürlich auf der einen Seite heranziehen, aber man muss auch interpretieren und versuchen Bedeutung herzustellen. Das ist nicht immer einfach, sondern da lehnt man sich aus dem Fenster und kriegt auch mal Gegenwind, wenn andere Leute sagen ‚so ein Quatsch‘.
Promotion an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg – Christian Haber über seinen Arbeitsalltag
Sie sind Angestellter der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Welche Aufgaben bestimmen dort Ihren Arbeitsalltag abseits der Forschung?
Haber: Ich bin Studiengangkoordinator. Das bedeutet, ich mache die Studienberatung für die Studierenden, ich verbuche Studien- und Prüfungsleistungen und kümmere mich um die Anerkennung von Leistungen, die an einer anderen Institution erbracht wurden. Jetzt aktuell zum Anfang des Semesters muss ich das Vorlesungsverzeichnis erstellen, die Modulzuordnung machen, die strukturellen Voraussetzungen des Studiengangs sicherstellen und einfach immer ein offenes Ohr für die Studierenden haben. Dann gibt es noch die Lehre im Umfang von zwei Semesterwochenstunden. Das ist mal mehr und mal weniger Aufwand. Letztes Jahr hatte ich ein Seminar über mein Minimalismus-Thema. Das war relativ dankbar, was die Planung anging, weil ich mich da recht gut auskenne. In diesem Semester halte ich eine Veranstaltung zu Bachs wohltemperiertem Klavier. Da kenne ich mich zwar einigermaßen gut aus, aber ich bin kein Spezialist, deswegen muss ich mehr Zeit in die Vorbereitung investieren.
Können Sie diese verschiedenen Aufgaben gewichten?
Haber: Das ist schwierig und variiert total, ob Semesterferien sind oder nicht. In der vorlesungsfreien Zeit kann man sich mehr oder weniger komplett auf die Forschung konzentrieren. Offiziell laut Arbeitsvertrag sind es 50% Promotion, 20% Studienberatung und 30% Lehre. Ich würde sagen, dass die Studienberatung letztlich mehr als 20% in Anspruch nimmt und dann kommt natürlich irgendetwas anderes zu kurz, meistens die Promotion. Die Lehre muss man vorbereiten und die Studienberatung muss man machen, aber die individuelle Forschungsarbeit kann zurückstehen und das macht sie dann leider meistens auch.
Wie stemmen Sie den Spagat zwischen diesen drei herausfordernden Aufgaben?
Haber: Gute Frage, das weiß ich auch nicht, wie ich das stemme. Man darf sich nichts vormachen, es kann herausfordernd sein.
Schaufeln Sie sich dann bewusst Zeit für Ihre Forschung frei und der Rest muss warten?
Haber: Ja, das muss man so machen. Mein Vorgänger hat die Studiengangkoordination zum Beispiel nur an einem Tag in der Woche gemacht. Ich mache das ein bisschen flexibler. Heute Morgen habe ich beispielsweise eine Mail von einer Studentin bekommen, die ein Problem mit einer Leistungsverbuchung hat und da warte ich nicht bis nächste Woche, bis ich antworte. Einerseits sind das Kleinigkeiten aber andererseits summiert sich das auf: Kurz über die E-Mail nachzudenken, zu gucken, was braucht sie jetzt, wie kann ich ihr da helfen, wen muss ich in der Prüfungsverwaltung kontaktieren… Das nimmt vielleicht eine viertel Stunde in Anspruch aber wenn man sechs oder sieben solcher Mails am Tag beantwortet, dann sind schon zwei oder drei Stunden weg. Gestern habe ich zum Beispiel gar keine Mails angeschaut. Das Problem ist, dass wir oft versuchen alle Sachen gleichzeitig zu machen aber dann keiner Sache wirklich gerecht werden. Ich sage dann beispielsweise, heute von elf bis 13 Uhr lese ich Texte und schaue keine Mails an. Danach kann ich die Mails immer noch bearbeiten und diese zwei Stunden kann wirklich jeder Mensch warten. Also da muss man schauen, dass man sich strukturiert, bei einer Sache bleibt und mal ganz konkret sagt, heute mache ich nur das.
Bleibt Ihnen Zeit für Freizeit?
Haber: Ja, ein bisschen. Ich bin Familienvater und habe zwei Kinder, deshalb hat meine Freizeit viel mit ihnen zu tun. Ob man das Freizeit nennt, liegt im Auge des Betrachters. Gestern Nachmittag war ich zum Beispiel mit meinen Kindern unterwegs und das war total schön. Ansonsten schaue ich, dass ich einmal die Woche mit meiner einen Band probe und dass ich ein paar Mal in der Woche Yoga übe. Das brauche ich als körperlichen Ausgleich zur geistigen Arbeit.
Promotion Musikwissenschaften – Christian Haber über Stolpersteine und Ratschläge an angehende Doktorand:innen
Wieso haben Sie sich grundsätzlich für die Promotion entschieden?
Haber: Mein Thema interessiert mich wirklich total! Ich mache das, weil ich Lust habe über genau dieses Thema zu schreiben und nichts anderes. Sonst würde ich es nicht machen.
Also man sollte für das Thema brennen?
Haber: Auf jeden Fall! Wenn man glaubt, man könnte das irgendwie auf Sparflamme machen oder man könnte promovieren, obwohl man das eigentlich gar nicht richtig will, dann sollte man es bleiben lassen. Die Arbeit erfordert sehr viel Eigeninitiative, weil man die ganze Zeit selbstständig beschäftigt ist. Ich habe in dem Sinne keinen Chef für meine Dissertation. Mein Doktorvater schaut natürlich über meine Forschung, aber letztlich lässt er mir freie Hand. Ich muss selbst entscheiden, wie und zu was ich forsche. Also allein aus Karrieregründen sollte man das nicht machen. Natürlich bringt die Promotion einen in der akademischen Laufbahn weiter, aber das sollte nicht der einzige Beweggrund sein. Ich selbst muss auch gestehen, dass ich nicht weiß, ob ich die akademische Laufbahn für immer weitergehen will. Ich kann mir auch gut vorstellen, die Promotion zu machen und es dann dabei zu belassen.
Was sind weitere Stolpersteine, die Sie während einer Promotion wahrnehmen?
Haber: Das kommt immer ein bisschen auf die individuellen Gegebenheiten an. Wenn man an der Universität arbeitet, hat man neben der Promotion viele andere Aufgaben und da muss man sich fragen, ob man das machen möchte und ob man das schafft. Ich bin da ganz ehrlich: Es ist sehr herausfordernd neben der Promotion Lehre zu machen, administrativ an der Universität tätig zu sein und eine Familie zu haben. Ich weiß nicht, ob das für jeden die richtige Sache ist. Es kann natürlich auch thematische Stolpersteine geben. Was macht man, wenn man nach einem Jahr merkt, meine ganze These, die ich grundsätzlich aufgestellt habe, funktioniert nicht? Letztens auf einem Kolloquium berichtete ein englischsprachiger Kollege, dass er ein Jahr lang an etwas geforscht hat und dann merkte, das funktioniert so gar nicht und die Arbeit eines ganzen Jahres war eigentlich für die Katz‘. Oft bekommt man das dann noch hingebogen, aber es führt dazu, dass man länger braucht und da ist immer die Frage: ‚Kann ich mir das leisten länger zu brauchen?‘. Man befindet sich in einem Spannungsfeld zwischen den ökonomischen Gegebenheiten und der Freiheit der Wissenschaft. Was nützt es einem, wenn man nach drei Jahren unbedingt fertig sein muss, aber dabei leidet die Qualität der Forschung und umgekehrt, wem nützt es, wenn man zehn Jahre vor sich hin forscht, weil man sich das finanziell leisten kann? Da muss man einen Mittelweg finden, weder nur an die Karriere zu denken, noch alles seiner Promotion unterzuordnen.
Was setzen Sie sich für einen Zeitrahmen für Ihre Promotion?
Haber: Offiziell sollte ich in drei Jahren fertig sein und wahrscheinlich schaffe ich das auch.
Haben Sie Ratschläge für angehende Promovierende?
Haber: Ich weiß nicht, ob es da ein Patentrezept gibt, weil jeder Mensch anders ist. Ich glaube, wenn man dafür brennt, dann fällt das einem leicht. Das ist bei mir nicht immer so. Ich brenne zwar für mein Thema, aber manchmal ist es schwierig sich da durch zu kämpfen. Man muss, glaube ich, wirklich etwas machen, von dem man persönlich überzeugt ist und von dem man auch das Gefühl hat, dass es einen sozialen Nutzen hat. Das hört sich jetzt vielleicht ein bisschen hochtrabend und pathetisch an, aber über der Universität Freiburg steht ‚Die Wahrheit wird Euch frei machen‘. Das heißt, wir arbeiten an der Universität an einer gemeinsamen kulturellen Wahrheit und da muss man dran teilhaben wollen. Wenn man das nicht will, weil man glaubt, man hätte die Wahrheit schon gefunden, dann sollte man es bleiben lassen. Einen offenen Geist zu haben ist ganz wichtig als Wissenschaftler:in. Da muss man dann auch die Chuzpe haben zu sagen ‚ah okay, vielleicht habe ich mich doch geirrt‘. Das vermisse ich manchmal in der Wissenschaftscommunity, weil man immer das Gefühl hat, alle wissen schon ganz genau wie der Hase läuft. Darüber hinaus kann ich immer nur raten mit anderen Leuten im Austausch zu treten, auf Kolloquien oder Tagungen zu gehen und mit anderen Wissenschaftler:innen zu sprechen. Zudem würde ich empfehlen, unabhängig von einer Promotion oder einer akademischen Laufbahn und wenn man sich das finanziell leisten kann, sich irgendwann einmal ein Jahr Zeit zu nehmen, um sich zu fragen, was man wirklich machen will in seinem Leben. Ich habe zum Beispiel nach meinem Master ein Sabbath-Jahr gemacht und ich glaube, das war ziemlich hilfreich. Je älter man wird, desto schwieriger wird es sich diese Frage nochmal zu stellen und nochmal neu zu justieren. Wenn man dann nach einem Jahr merkt, ich habe Lust an diesem Thema zu arbeiten, dann hat man seine Antwort gefunden und kann das machen. Ich glaube, diese Zeit sollte man sich geben, sodass man nicht vorschnell einen bestimmten Weg einschlägt, von dem man dann später merkt, das ist doch nichts für mich und dann hat man im blödesten Fall jemandem, der wirklich Lust darauf gehabt hätte, den Platz weggenommen. Da muss man sich auch die Verantwortung sich selbst und anderen gegenüber vor Augen führen.
Würden Sie den Schritt zur Promotion nochmal gehen?
Haber: Das kann ich nicht beantworten, weil sich da einige glückliche Fügungen aneinandergereiht haben. Es war nicht mein primäres Ziel zu promovieren. Ich hatte eine relativ gut funktionierende Musikerlaufbahn parallel zu meinem Studium und die ist durch Corona fast komplett zum Erliegen gekommen. Dementsprechend weiß ich nicht, was ich gemacht hätte, wenn nicht Corona dazwischengekommen wäre. Ich hatte für das Jahr 2020 40 Konzerte in meinem Kalender stehen, also da wäre es richtig abgegangen und da wären auch viele Folgeaufträge rausgekommen. Ich weiß nicht, ob ich dann vielleicht irgendwann gesagt hätte ‚okay, ich mache meine Promotion jetzt auf Stopp und mache nur noch Musik‘. Da es sich jetzt so entwickelt hat, dass die Konzerte wegfallen, bin ich dankbar, dass ich die Promotion sozusagen als anderes Standbein habe.
Haben Sie eine Idee davon, wo Sie sich in fünf Jahren sehen?
Haber: Ich würde gerne wieder mehr Musik machen und meine Promotion fertiggestellt haben. Mir macht beides total Spaß und da würde ich mir für in fünf Jahren wünschen, dass wieder mehr aktive Musik dabei ist und dass sich das so ein bisschen besser ausgleicht.
Das Gespräch führte Redakteurin Carolin Heilig am 06.10.2022.
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