Wie Trumps Wahlsieg die Welt der Wissenschaft beeinflusst
Donald Trumps Haltung zu Klimawandel und alternativen Wahrheiten statt wissenschaftlichen Erkenntnissen ist kein Geheimnis. Dennoch wurde die zukünftige Ausrichtung der amerikanischen Wissenschaft und Forschung von beiden Kandidaten im vergangenen US-Wahlkampf nur leicht angeschnitten. Themen wie Wirtschaft, Immigration sowie Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten polarisierten deutlich mehr.
Auch wenn das Thema Wissenschaft traditionell kein starkes Wahlkampfthema ist, kann die Welt davon ausgehen, dass Donald Trumps als neuer US-Präsident die nationale und internationale Wissenschaft und Forschung massiv beeinflussen wird.
Bereits im Vorfeld: Sorge in der Wissenschafts-Community
Bereits Mitte Oktober befragte das Magazin „Science“ nach eigenen Angaben mehr als zwei Dutzend Personen aus der Wissenschaft, um Veränderungen im Forschungsbereich nach einem Sieg von Donald Trump oder Kamala Harris prognostizieren zu können. Unter den Befragten waren Personen, die frühere Erfahrungen in Trumps-Amtszeit gemacht hatten oder sachkundig in Forschungskreisen sind. Laut „Science“ ist das die Vorausschau auf Trumps Themensetzung während seiner zweiten Amtszeit in Bezug auf Forschung und Wissenschaft:
Themensetzung Wahlkampf Trump
Forschungsgelder:
- Die Ankündigung Trumps den Regierungsapparat abzubauen, könnte bedeuten, dass auch Forschungsgelder gekürzt werden. Allerdings nur, wenn er das Forschungsbudget durch seinen Haushaltsantrag beeinflussen kann.
- Momentan wichtige Forschungsfelder wie künstliche Intelligenz und Quanten-Informationstechnologie könnten von Forschungsgeldern profitieren, damit die USA unabhängiger von China wird.
Entbürokratisierung von staatlich finanzierter Forschung:
- Der Abbau von Bürokratisierung in staatlicher Forschung soll vorangetrieben werden.
- Die Kritik der Republikaner an der amerikanischen Hochschulbildung (z.B. am Konzept DIE – diversity, equity, inclusion), könnte zu neuen, sanktionierenden Maßnahmen für Universitäten und Wissenschaftler führen.
Green Cards (Daueraufenthaltsgenehmigungen) für Wissenschaftler:
- Wissenschaftler fürchten eine Wiederholung von Trumps restriktiver Einwanderungspolitik.
- Lockerungen für die Einbürgerung von qualifizierten Fachkräften könnten aber, um einen Vorteil gegenüber China zu haben, auftreten.
Wer wird der wissenschaftliche Berater von Trump?:
- Dr. Kelvin K. Droegemeier, Trumps vorheriger wissenschaftlicher Berater war eher unauffällig und verfolgte die Agenda des Präsidenten, ohne die Wissenschaftsgemeinschaft gegen sich aufzubringen.
- Wer dieses Jahr folgt und wie sich diese Person positioniert, ist noch unklar.
Konkurrenzkampf und Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsmacht China:
- Trumps öffentliche Angriffe auf die chinesische Regierung schließen eine Zusammenarbeit im Forschungskontext fast aus, außer es bringt einen Vorteil für die Wettbewerbsfähigkeit der USA gegenüber China.
Ausbildung der nächsten Generation:
- Ein in 2018 veröffentlichter 5-Jahres-Strategieplan, der wissenschaftliche und rechnerische Fähigkeiten bei Studenten fördert, könnte wieder verfolgt werden.
- Trump spricht sich außerdem für eine Förderung von MINT-Fächern und Prüfungsergebnissen als Maßstab für Erfolg aus.
Künstliche Intelligenz:
- Trumps frühere Regierung erlangte Anerkennung in der Gesellschaft, dass sie die Auswirkung von KI auf die Gesellschaft frühzeitig erkannte.
- Dennoch wird befürchtet, dass die Technik der künstlichen Intelligenz zum Preis des Datenschutzes vorangetrieben wird.
„Alternative Wahrheiten“ statt Forschung
Auch wenn die Prognosen der Umfragen von „Science“ erstmal nur Mutmaßungen und Richtungsangaben sind, geben diese und Erfahrungen aus der ersten Amtszeit Trumps schon mal Aufschluss, was in den nächsten vier Jahren auf die amerikanische Wissenschaft und Forschung zukommt. Trump, der gerne von „alternativen Wahrheiten“ spricht, stellt damit die Daseinsberechtigung der Wissenschaft an sich bereits in Frage.
Direkte Auswirkungen auf Forschungseinrichtungen und Universitäten hatte seine erste Präsidentschaft dagegen nicht. Das lag zum Teil daran, dass der demokratisch dominierte Kongress Trump davon abhielt, die Finanzierung einiger Bundesforschungsbehörden und staatlicher Universitäten zu kürzen. Dieses Vetorecht wird sich in dieser Amtszeit, mit einer republikanischen Mehrheit im Kongress wahrscheinlich ändern. Ebenfalls kündigte Trump im Wahlkampf an, dass er alle wichtigen Positionen in der Verwaltung mit ideologischen Gleichgesinnten besetzen wolle. Auch die Fortsetzung internationaler Forschungs-Kooperationsprojekte, wie der experimentelle Fusionreaktor ITER oder Mega-Teleskope, die alle außerhalb der USA gebaut werden, scheint nicht mehr gesichert.
Beeinflusst Trump als Präsident das Vertrauen in die Wissenschaft?
Zusätzlich zu der unsicheren Zukunft von Forschungsprojekten und -einrichtungen, stellt sich die Frage, ob sich Trumps Präsidentschaft negativ auf das Vertrauen der Bevölkerung in die Wissenschaft auswirkt. Die größte Sorge der Professorin Lisa Schipper, geographische Entwicklungsforscherin an der Universität Bonn, ist, dass Trump angesichts seiner wissenschaftlichen Rhetorik ein weiterer Sargnagel für das Vertrauen in die Wissenschaft sein könnte.
„Vielleicht meine größte Sorge ist, dass Trump ein weiterer Sargnagel für das Vertrauen in die Wissenschaft sein könnte“ – Prof. Dr. Lisa Schipper
Immerhin sinkt, wie eine Studie des Pew Research Center in Washington D.C. zeigt, die Prozentzahlen von Menschen, die der Meinung sind, dass Wissenschaft einen positiven Effekt auf die Gesellschaft hat, seit 2019 stetig. Sheila Jasanoff, Sozialwissenschaftlerin an der Harvard Universität sagt im Magazin „Nature“ zum Sieg Trumps: „Ich bin sprachlos, aber ich denke wir lernen daraus.“ Ihrer Meinung nach verdeutlicht der Sieg Trumps die fundamentale Kluft zwischen akademischen Forschern und vielen republikanischen Wählern. Um wieder eine gemeinsame Basis zu finden, bedarf es sozialem Engagement und wahrscheinlich auch Demut seitens der Wissenschaftler, die sich mit dieser sozialen und politischen Kluft auseinandersetzen müssen. Weiter sagt Jasanoff: „Für viele Republikaner sind wir das Problem – Die akademischen „Eliten“.
Trump als Präsident könnte die Klimaforschung beeinflussen
Einen voraussichtlich großen Einschnitt wird Trumps Wahl zum neuen Präsidenten der USA auch auf die Forschung zum Klimawandel haben. Das liegt daran, dass der künftige US-Präsident den Klimawandel nicht als zukünftige Gefahr ansieht und teilweise sogar leugnet. Im Wahlkampf sagte er beispielsweise, dass die Klimaerwärmung Extremwetterereignisse nicht unbedingt verschlimmert.
Diskutiert wird außerdem, ob Trump das wichtigste Klimagesetz der letzten Regierung, den „Inflation Reduction Act“, das mit Milliarden von Dollar erneuerbare Energien fördert, aufhebt. Hier hat er allerdings keine alleinige Entscheidungskraft, sondern der Kongress ein Mitbestimmungsrecht. Klaus Brinkbäumer schreibt beim MDR: „In den USA rückt gerade eine Armee an, eine Armee gegen den Klimaschutz“.
„In den USA rückt gerade eine Armee an, eine Armee gegen den Klimaschutz“ – Klaus Brinkbäumer
Wie auch schon in der letzten Amtszeit ist es wahrscheinlich, dass Trump wieder aus dem Pariser Klimaabkommen ausscheidet und zentrale Posten mit Menschen besetzt, die seine eigenen Haltungen vertreten und statt Klimaschutz Lobbyismus für Kohle und Öl betreiben. Auch der Klimawissenschaftler Michael Mann, von der Universität von Pennsylvania, prognostizierte kürzlich, dass eine zweite Trump-Präsidentschaft das Aus für sinnvolle Klimaschutzmaßnahmen in diesem Jahrzehnt bedeutet und eine Stabilisierung der Erwärmung unter 1,5 Grad wahrscheinlich unmöglich wird. Weiter führt Mann aus: „Die Vereinigten Staaten werden zu einem unsicheren Ort für Wissenschaftler, Intellektuelle und jeden, der nicht in die republikanische Agenda passt“.
Wie sich die USA wirklich im Klimaschutz und der Klimaforschung positioniert, wird der Weltklimagipfel COP29 im aserbaidschanischen Baku zeigen, der diesen Montag begann.
Von Redakteurin Hanna Uhl am 13.11.2024