Ratgeber Agrarwissenschaften – Gute Verbindung aus Theorie und Praxis für aussichtsreiche Karrieremöglichkeiten
Wer Landwirt werden möchte, wächst von klein auf in den Beruf hinein, macht mit 16 Jahren eine Ausbildung und übernimmt dann den Familienbetrieb? Von wegen! Das Studium der Agrarwissenschaften ist in den letzten 20 Jahren immer beliebter geworden. Laut dem Statistischen Bundesamt waren im Wintersemester 2021/2022 in Deutschland insgesamt 15.682 Studierende in diesem Fach eingeschrieben.
Agrarwissenschaften – Ein vielfältiges Studium
Angehende Landwirt:innen beschäftigen sich an der Universität mit landwirtschaftlichen Prozessen, sowie dem Anbau von Rohstoffen und der Produktion von Nahrung. Die Agrarwissenschaften setzen sich vor allem aus den Pflanzenwissenschaften, den Nutztierwissenschaften, der Agrarökonomie und aus den Natur- und Ingenieurwissenschaften zusammen und sind sehr interdisziplinär aufgebaut.
Die Pflanzenwissenschaften untersuchen Rohstoffe und wie diese möglichst effizient angebaut werden können. Studierende behandeln in dieser Disziplin außerdem den Klimawandel und die Balance des Ökosystems.
In den Nutztierwissenschaften dreht sich alles um die Tiere, die für die Nahrungsmittelproduktion relevant sind. Es geht um Tierhaltung und Tierernährung.
Die Agrarökonomie deckt die betriebswirtschaftlichen und soziologischen Prozesse ab. Gegebenenfalls wird sie um Kurse im Marketing ergänzt.
In den Natur- und Ingenieurwissenschaften erlernen Studierende die technische Komponente, die für die Lebensmittelproduktion von Bedeutung ist. Es werden Bodenproben entnommen und der Einfluss des Klimas auf die Landwirtschaft besprochen.
Auch Spezialisierungen in den Bereichen Agrarbiologie, Agrarwirtschaft, Aquakultur und Fischereiwesen, Gartenbau, Landbau und Weinbau (Önologie) können in Erwägung gezogen werden.
Wer sich für ein Studium in diesem Bereich entscheidet, sollte Interesse an Chemie, Biologie, Physik und Mathematik mitbringen. Aber auch Wirtschaft und Recht sind ein wichtiger Bestandteil der akademischen Ausbildung.
Die Agrarwissenschaften – Kombination aus Theorie und Praxis
An manchen Universitäten ist ein Vorpraktikum als Zulassung für das Bachelorstudium Voraussetzung. Die Christian-Albrechts-Universität Kiel zum Beispiel schreibt ein dreimonatiges Betriebspraktikum, die Universität Hohenheim hingegen ein achtwöchiges Praktikum in der Landwirtschaft vor. An anderen Hochschulen kann es während des Studiums absolviert werden, wie beispielsweise das 26-wöchige Praktikum an der Georg-August-Universität Göttingen.
An der Technischen Universität München (TUM) setzt sich das zwölfwöchige Pflichtpraktikum während des Studiums aus einem Praktikum in der Agrarwirtschaft und einem Praktikum im Gartenbau zusammen. Außerdem sind Exkursionen inner- und außerhalb Deutschlands möglich.
An der Hochschule Osnabrück können im Bachelor Schwerpunkte in den Bereichen Pferdemanagement, Geflügelwissenschaften und Pflanzentechnologie gesetzt werden.
Nach sechs Semestern und viel Arbeit im Labor wird in der Regel der Bachelor of Science (B. Sc.) erworben. Ein viersemestriger Master of Science (M. Sc.) bietet die Möglichkeit der weiteren Vertiefung der im Bachelor erlernten Inhalte und empfiehlt sich vor allem beim Anstreben einer Führungsposition.
Tropical Forestry – Internationale Ausrichtung in den Agrarwissenschaften
Auch ein Auslandssemester ist in den Agrarwissenschaften möglich. Aber ebenso ein Studium mit internationaler Ausrichtung ist erwägenswert. So bietet besipielsweise die Technische Universität Dresden den englischsprachigen Masterstudiengang Tropical Forestry an. Er dient „der Ausbildung von Führungskräften zur Entwicklung wissensbasierter, innovativer und nachhaltiger Management-Konzepte für Naturwälder, Plantagenwälder und anderer Waldformationen sowie agroforstwirtschaftlicher Systeme und urbaner Grünräume einschließlich der Kontrolle ihrer Nutzung und Pflege“. In Kooperation mit Universitäten in Dänemark, Frankreich, Tschechien und Italien ermöglicht die TU Dresden außerdem Doppelabschlüsse.
Die Universität Hohenheim legt den Fokus auf Entwicklungsdienstleistung. Darüber hinaus bereitet sie Studierende auf die Führung multidisziplinärer Teams vor und führt für ihren ebenfalls englischsprachigen Masterstudiengang Agricultural Sciences in the Tropics and Subtropics Kooperationen mit Hochschulen aus über 90 Ländern, wobei ebenfalls ein Doppelabschluss mit der tschechischen Universität für Biowissenschaften in Prag angeboten wird.
Promotion in den Agrarwissenschaften
Im Jahr 2021 gab es dem Statistischen Bundesamt zufolge insgesamt 2.284 Promovierende in der Fächergruppe Agrarwissenschaften, Lebensmittel- und Getränketechnologie. 1.098 davon waren Männer, 1.186 waren Frauen. In den Agrarwissenschaften ist die Quote der Frauen, die eine Promotion abschließen, mit 65 Prozent laut Academics relativ hoch. Unter diese Prozentzahl fallen allerdings ebenfalls Promotionen der Forst- und Ernährungswissenschaften sowie der Veterinärmedizin.
Göttingen hat sogar eine eigene Fakultät für die Agrarwissenschaften und als einzige Universität in Niedersachsen das Promotionsrecht in den Agrarwissenschaften. Angehende Doktorand:innen müssen hier einen strukturierten Promotionsstudiengang belegen.
An der Universität Hohenheim können Doktorand:innen an den Kollegien ‚Bodenressourcen und Landschaftsökologie’, ‚Pflanzenproduktionssysteme, Pflanzenernährung und Qualitätssicherung’, ‚Pflanzenzüchtung, Pflanzenschutz und Biotechnologie’, ‚Agrar- und Umwelttechnik’, ‚Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Agrar- und Ernährungswissenschaften’, ‚Tropische Agrar-, Ernährungs- und Ressourcenwissenschaft’, ‚Global Food Security’ und ‚Water for Life’ promovieren. Gleichzeitig haben sie die Möglichkeit, bereits an nationalen und internationalen Tagungen teilzunehmen und dort die Ergebnisse der eigenen Promotion zu präsentieren.
Die Hochschule Osnabrück bietet eine kooperative Promotion an, die eine Promotion an einer Universität mit der Arbeit bei einem Unternehmen oder an der Hochschule verbindet.
Ist die Promotion abgeschlossen, wird der Doktor der Landbau-/Landwirtschaftswissenschaft ‚Dr. sc. agr.’ (doctor scientiarium agrarium) verliehen. Welche anderen (Doktor-)Titel es gibt und was sie bedeuten, erfahren Sie hier.
Jobaussichten für Agrarwissenschaftler:innen
Möchten Agrarwissenschaftler:innen in die Berufswelt starten, stehen ihnen viele Möglichkeiten offen: Zukünftige Arbeitgeber:innen können in den Bereichen Pflanzenbau, Landwirtschaft, Nahrungsmittel- oder Tierfutterproduktion angesiedelt sein. Wer eher international arbeiten möchte, für den/die können internationale Organisationen und Umweltverbände interessant sein. Ebenso besteht die Möglichkeit, sich selbstständig zu machen und einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb zu leiten. Häufig sind Studierende der Agrarwissenschaften auch schon gelernte Landwirte – Praxis und Theorie lassen sich also gut verbinden. Wer sich für den weiteren Weg in die Wissenschaft und Forschung entscheidet, kann eine Anstellung an Hochschulen und anderen Forschungs- und Lehreinrichtungen finden.
Gehalt – Was verdienen Agrarwissenschaftler:innen?
Das Gehalt von Agrarwissenschaftler:innen ist von Arbeitgeber:in und gewähltem Schwerpunkt abhängig. Im öffentlichen Dienst orientiert sich das Einkommen an den Tarifverträgen. Stepstone zu Folge verdient ein:e Agrarwissenschaftler:in im Durchschnitt 42.700 EUR brutto im Jahr. Stuttgart liegt mit einem durchschnittlichen Bruttojahresgehalt von 45.300 EUR am weitesten über dem Durchschnitt, Dresden und Leipzig sind mit etwa 40.500 EUR brutto pro Jahr nicht ganz so ertragreich. Ein Masterabschluss bringt monatlich zwischen 3.600 EUR und 4.000 EUR brutto ein. Nach zehn Jahren Berufserfahrung hat das Gehalt im Vergleich zu einem Jahr nach dem Berufseinstieg um ein Drittel zugenommen. Laut myStipendium haben zehn Jahre nach dem Abschluss 90 Prozent aller Absolvent:innen einen Job und 85 Prozent sind damit zufrieden bis sehr zufrieden. 37 Prozent arbeiten in Bildung und Forschung. Wissenschaftliche Mitarbeiter:innen werden nach Entgeltstufe E13 bezahlt und erhalten etwa 3.000 EUR brutto im Monat. Juniorprofessor:innen bekommen nach der W1-Besoldung pro Monat zwischen 4.500 EUR und 5.300 EUR brutto gezahlt. Mit einer W2- und W3-Professur beläuft sich das monatliche Gehalt auf 5.700 EUR bis 8.000 EUR brutto.
FAQ – Häufig gestellte Fragen
Wie viele Studierende gibt es in den Agrarwissenschaften?
Im Wintersemester 2021/2022 waren laut dem Statistischen Bundesamt in Deutschland insgesamt 15.682 Studierende in den Agrarwissenschaften eingeschrieben.
Wie viele Studierende promovieren in den Agrarwissenschaften?
Im Jahr 2021 gab es dem Statistischen Bundesamt zufolge insgesamt 2.284 Promovierende in der Fächergruppe Agrarwissenschaften, Lebensmittel- und Getränketechnologie. 1.098 davon waren Männer, 1.186 waren Frauen.
Welche Voraussetzungen müssen für die Zulassung zur Promotion erfüllt sein?
Voraussetzung für eine Promotion in den Agrarwissenschaften ist ein Master-Abschluss (üblicherweise mit einer Abschlussnote von mindestens 2,5) in den Agrarwissenschaften oder einem ähnlichen Fachbereich.
Welcher akademische Grad wird in den Agrarwissenschaften für die Promotion vergeben?
Nach einem Doktorat in den Agrarwissenschaften wird der Doktor der Landbau-/Landwirtschaftswissenschaft ‚Dr. sc. agr.’ (doctor scientiarium agrarium) verliehen.
Welche Möglichkeiten erhält man durch eine Promotion in den Agrarwissenschaften?
Nach einer Promotion in den Agrarwissenschaften ist ein weiterer Weg in die Forschung und Lehre, mit beispielsweise einer anschließenden Habilitation, möglich.
Von Julia Brechtelsbauer
Karriere Agrarwissenschaften, Karriere Biologie, Karriere und Wissenschaft