Kinderbetreuung für Promovierende

Promotion mit Kind – Vereinbarkeit von Familie und Forschung ist möglich

Die Zeit der Promotion fällt in der Lebensplanung bei einigen Promovierenden mit der Phase der Familiengründung zusammen. Laut „Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs“ waren 2019 17 % der Promovierenden Eltern. Allein die Promotion und allein die Gründung einer Familie sind jeweils große Herausforderungen. Beide Aufgaben gleichzeitig zu stemmen, stellt eine umso größere Hürde dar. Dieser Artikel gibt Ratschläge aus erster Hand von zwei Promovierenden mit Kind, worauf man achten sollte, wie man Forschung und Familie unter einen Hut bekommt, welche Form der Finanzierung sich anbietet und was der Schlüssel zum Erfolg sein kann.

Im Interview mit hochschul-job.de berichten Erika Mosebach, Doktorandin an der Universität Heidelberg und Mutter eines Sohnes, und Nils Vief, Doktorand an der Universität Marburg und Vater einer Tochter, von ihren Erfahrung mit der Promotion als Elternteil, wobei Vief betonte, dass die Belastung einer Promotion mit Kind und der Schwangerschaft für Frauen nochmal stärker ist als für einen Mann. Aber so viel gleich vorweg, das bestätigen Mosebach und Vief, eine Promotion mit Kind ist zwar eine Herausforderung und bedarf Planung und Kompromisse aber es ist machbar!

Promovierende Eltern mit Kind haben neben der Promotion zusätzliche Heraussforderungen zu bewältigen

Wie schafft man den Spagat zwischen der Kinderbetreuung und der Arbeit an der Dissertation?

Sowohl Erika Mosebach als auch Nils Vief betonen, dass es wichtig sei, feste Zeiten am Tag abzustecken, an denen das Kind in Betreuung ist und man sich selbst voll auf die Arbeit konzentrieren kann. Vief erklärt, man unterschätze vollkommen, wie viel Zeit ein Kind in Anspruch nimmt und wie viel man dann noch arbeiten kann. Erika Mosebach gibt ihren Sohn an drei Tagen in der Woche zu einer Tagesmutter und wird ansonsten von der Familie unterstützt. Die Tochter von Nils Vief geht in die Universitätskita. Vief empfiehlt, dass man bei der Kinderbetreuung als Paar nicht allein sein sollte, sondern sich beispielsweise von Freund:innen, der Familie oder Betreuungseinrichtungen unterstützen lassen sollte. In den Zeiten, in denen das Kind betreut ist, können sich die Doktorand:innen voll auf ihre Forschung und die Promotion konzentrieren. Wobei Nils Vief einschränkt, dass die Kinder beispielsweise in der Eingewöhnungsphase nicht dauerhaft in der Kita betreut sind und man Krankheitszeiten der Kleinen einkalkulieren müsse, da die Kinder häufig krank werden, sobald sie in einer Betreuungseinrichtung sind. In diesem Zeiten müssen die Kinder zu Hause betreut werden und Vief präzisiert, er sei selbst nie so oft krank gewesen, wie im vergangenen Winter, weil er sich häufig bei seiner Tochter angesteckt habe. Laut Vief müsse man auch in Kauf nehmen Meetings in den Abendstunden zu absolvieren, wenn das Kind im Bett ist, weil er nicht alle anfallenden Aufgaben während der Kita-Zeit seiner Tochter erledigen kann.

Promotion mit Kind – So gelingt die Finanzierung

Für Promovierende mit Kind bietet sich die Finanzierung über ein Stipendium an, da Stipendiengeber:innen in der Regel Zuschüsse für Promovierende mit Kind gewähren und die Dauer der Förderung ebenfalls verlängert werden kann. Die Christiane-Nüsslein-Volhard-Stiftung beispielsweise vergibt gezielt Stipendien für weibliche Promovierende mit Kind. Komplizierter hingegen ist die Finanzierung einer Promotion mit Kind über eine Projektstelle. Wenn Promovierende für ein spezifisches Forschungsprojekt angestellt sind, bemisst sich die Dauer der Beschäftigung an der Dauer, über welche das Forschungsprojekt läuft. Endet das Projekt, endet auch die Anstellung und damit das Bezahlung. Dementsprechend kann man zwar Elternzeit nehmen, aber diese Zeit nicht zwangsläufig später nachholen, falls das Forschungsprojekt bereits auslaufen sollte. Nils Vief arbeitet für ein Forschungsprojekt, verdient gleichzeitig aber auch Geld als Angestellter an der Universität. Die Universität als Arbeitgeber biete dabei viele Vorteile für Väter und Mütter im Vergleich zu anderen Arbeitgeber:innen, meint er. Über die verschiedenen Vor- und Nachteile der Finanzierungsformen einer Promotion könnt ihr euch hier in einem Überblicksartikel informieren.

Welche Unterstützungsangebote bieten Universitäten für Promovierende mit Kind?

Die meisten Universitäten stellen eine breite Auswahl an Unterstützungsangeboten für Promovierende mit Kind zur Verfügung. Über die spezifischen Möglichkeiten der jeweiligen Universitäten sollten sich interessierte Promovierende auf der Webseite oder direkt an der Universität informieren. Zumeist umfasst das Portfolio Beratungsangebote, Möglichkeiten zur Vernetzung und zum Austausch mit anderen Promovierenden mit Kind bis hin zu Kinderbetreuungsstätten auf dem Universitätscampus. Nils Vief berichtet zudem von einem Eltern-Kind-Raum an der Universität, wo er seine Tochter sogar mit zur Arbeit bringen könnte.


Die Promotion mit Kind erfordert in der Regel eine gut organisierte Kinderbetreuung

Welche Zugeständnisse bekommen Promovierende mit Kind?

Laut Wissenschaftszeitvertragsgesetz stehen Promovierenden je Kind zwei zusätzliche Jahre Qualifikationszeit zur Verfügung. Des Weiteren besteht für Eltern die Möglichkeit finanzielle Zuschüsse während der Promotionszeit zu bekommen. Zuschüsse in Form von Mutterschutz, Elternzeit, Elterngeld usw. stehen Promovierenden natürlich ebenfalls zu. Eine Orientierung über die verschiedenen Unterstützungsangebote des Staates und in welchem Rahmen diese Promovierenden je nach Art der Finanzierung zur Verfügung stellen kann man exemplarisch in der Info-Broschüre der Humboldt-Universität Berlin nachlesen.

Welchen Hürden begegnen Promovierende mit Kind und was sind mögliche Lösungen?

Zwar kann man die zusätzlichen zwei Jahre Qualifikationszeit, die das Wissenschaftszeitvertragsgesetz für Promovierende mit Kind in Aussicht stellt, als Zugeständnis werten, allerdings hapert es bei der Umsetzung, denn es handelt sich lediglich um eine Kann-Regelung. Die Universität kann Arbeitsverträge um zwei Jahre verlängern, sie muss es aber nicht. Letztendlich sind die Promovierenden abhängig von den verschiedenen Lehrstühlen, den Betreuer:innen und müssen sich selbstständig mit der Bürokratie auseinander setzen. Nils Vief erklärt deshalb, dass es eine große Hilfe für Promovierende mit Kind wäre, wenn aus dieser Kann-Regelung eine Muss-Regelung gemacht wird: „Das wäre eine wichtige Veränderung, dass man, genauso wie bei der Elternzeit, ein Recht auf eine Verlängerung hat und fest mit einer zusätzlichen Zeit und Finanzierung planen kann. Das würde den Menschen wirklich helfen und auch unglaublich viel Bürokratie ersparen.“ Auch Erika Mosebach würde eine grundsätzliche Verlängerung der Vertragslaufzeiten für Promovierende mit Kind begrüßen.

Nils Vief betont zudem, dass man mit Kindern weniger Flexibilität habe, was in der Wissenschaft eigentlich erwartet wird. Die Karriere stehe nicht mehr an erster Stelle und man könne nicht jeden Job überall auf der Welt annehmen, weil man mit Kindern nicht andauernd umziehen könne.

Promotion mit Kind – Welche Ratschläge gibt ein promovierender Vater?

Laut Nils Vief ist es wichtig und ratsam so viel Organisation wie möglich vor der Geburt des Kindes zu erledigen. Kita-Plätze, Absprachen mit dem Arbeitgeber, Anträge für Elternzeit, all das sollte so früh wie möglich geklärt sein. Des Weiteren empfiehlt Vief unmittelbar nach der Geburt keine Pflichttermine, wie Veröffentlichungen oder Konferenzen, zu vereinbaren, da man nach der Geburt nur noch schwierig planen könne.

Fazit – Eine Promotion mit Kind ist zu schaffen!

Erika Mosebach zieht nach einem Jahr Promotion mit Kind ein positives Fazit aus ihren gemachten Erfahrungen: „Es ist machbar! Man muss sich einfach sehr klar in seinen Zielen sein und man muss bereit seine diese Doppelbelastung zu tragen. Aber kein Kind zu kriegen, weil man Angst hat, es nicht zu schaffen, das fände ich schade. Man muss einfach seine Ziele ein bisschen umstecken, dann kann es gut funktionieren. Dass man eine Promotion nicht in drei Jahren schafft und dass man vielleicht nicht mit einer eins da raus geht, ist klar. Also an manchen Stellen muss man Abstriche machen. Außerdem sollte man dazu bereit sein, sein Kind in Betreuung zu geben und man braucht ein gutes Netzwerk, das vielleicht mal bei der Betreuung einspringt.“ Nils Vief resümiert: „Ich würde nicht dazu raten, einen Kinderwunsch aufzuschieben. Wenn man Kinder haben möchte, muss man ohnehin sein restliches Leben mit der Familie vereinen. Um diese Problematik kommt man nicht herum.“

Von Carolin Heilig

Karriere Allgemein, Karriere und Wissenschaft