Promotion finanzieren – Die verschiedenen Optionen auf einen Blick
Promotion – ja bitte, aber wie gelingt die Finanzierung? Die Möglichkeiten zur Promotionsfinanzierung sind vielfältig. Sie reichen von Lehrstellen über Drittmittelfinanzierungen bis hin zu Stipendien oder Kreditförderung. Welcher Weg welche Vorteile bietet und worauf man achten sollte, darüber gibt dieser Artikel Aufschluss.
Grundsätzlich muss zwischen der Förderung für das Promotionsprojekt an sich und der Finanzierung des täglichen Lebens unterschieden werden. Natürlich muss für beide Bereiche ausreichend Geld zur Verfügung stehen aber die Art der Finanzierung kann sich unterscheiden.
Gender Gap in der Promotionsfinanzierung
Erhebungen des Bundesberichts Wissenschaftlicher Nachwuchs (BuWin) aus dem Jahr 2021 zeigen, dass es bei den Einkünften der Promovierenden einen Unterschied in der Bezahlung zwischen den Geschlechtern gibt. In den unteren Einkommensgruppen ist der Anteil an Doktorandinnen höher, während in den oberen Einkommensschichten die Männer dominieren.
Auch zwischen den verschiedenen Fachbereichen schwanken die Verdienste. So verdienen Promovierende der Ingenieurswissenschaften laut BuWin deutlich mehr als beispielsweise Nachwuchswissenschaftler:innen der Geisteswissenschaften, wobei diese Erkenntnis durch die verschiedenen Arten der Beschäftigung eingeschränkt werden muss. So finanzieren sich vergleichsweise viele Promovierende der Geisteswissenschaften über ein Stipendium, während das in den Ingenieurswissenschaften eher selten ist. Allerdings fällt das Einkommen von Stipendiat:innen oftmals geringer aus als das von wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen.
Die Doktorand:innen haben die Qual der Wahl zwischen verschiedenen Wegen der Promotionsfinanzierung, die jeweils mit spezifischen Vor- und Nachteilen einher gehen.
Möglichkeit 1: Die Lehrstuhlstelle – Der Klassiker unter den Formen der Promotionsfinanzierung
Die Anstellung an der Universität als wissenschaftlicher Mitarbeiter oder wissenschaftliche Mitarbeiterin ist der häufigste Weg, der zur Finanzierung einer Promotion gewählt wird. Der „Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs“ erfasst für 2021, dass sich 57% der Promovierenden über diese Art der Anstellung finanzieren. In diesem Falle fungiert die Universität als Arbeitergeber. Die Doktorand:innen halten in der Regel Lehrveranstaltungen ab und übernehmen anfallende Aufgaben in ihrem jeweiligen Fachbereich. Im Gegenzug erhalten sie ein Gehalt und bekommen die Möglichkeit ihre Promotion zu absolvieren. Die Forschung selbst wird dann ebenfalls aus den Töpfen des Lehrstuhls finanziert.
Mit der Universität als Arbeitsgeber und der Anstellung auf einer Haushaltsstelle sind die Doktorand:innen offiziell Beschäftigte im öffentlichen Dienst und werden dementsprechend nach Tarifvertrag bezahlt. Sie bekommen ihr Gehalt nach den jeweils geltenden Tarifen für die Entgeltgruppe 13 ausbezahlt. Im Verlauf der Anstellung werden die Doktorand:innen innerhalb der Tarifklasse 13 in verschiedene Erfahrungsklassen eingestuft, wodurch der Verdienst steigt. Wichtig ist, dass der erste Vertrag, den Doktorand:innen unterzeichnen, mindestens ein Jahr lang läuft, da die Erfahrungsstufe eins sonst nicht angerechnet werden kann.
Vorteile:
- fester Arbeitsplatz mit allen zugehörigen Sicherheiten (Krankenversicherung, Anspruch auf Elternzeit etc.)
- Möglichkeit Erfahrungen in der Lehre zu sammeln
- Kontakte knüpfen an der Universität; Vernetzung mit Professor:innen und anderen Doktorand:innen
- Meist stellt die Universität ein Büro zur Verfügung
- Ressourcen des Lehrstuhls können beispielsweise für die Forschung mitgenutzt werden
Nachteile:
- Große Abhängigkeit; sowohl Arbeitsvertrag als auch Gelingen der Promotion hängt meist vom Verhältnis zu einer Person ab, die Chef:in und Betreuer:in in einem ist
- Mehrere Verpflichtungen; gerade in der Vorlesungszeit bindet die Lehre Zeit und man kann sich nicht ausschließlich auf die Promotion fokussieren
- Doktorand:innen berichten von langen Arbeitstagen, obwohl die Arbeitsverträge und damit auch das Gehalt nur auf weniger Stunden ausgelegt sind; laut „Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2021“ gaben Doktorand:innen bei einer Erhebung im Jahr 2016 an, dass sie im Schnitt für 30 Stunden die Woche angestellt sind, aber durchschnittlich 43 Stunden arbeiten
- Laut „Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2021“ liegt die durchschnittliche Vertragslaufzeit von Promovierenden bei 22 Monaten; da eine Promotion häufig mehr Zeit in Anspruch nimmt, bleibt die Unsicherheit, ob Verträge gegebenenfalls verlängert werden können oder wie man sich nach Vertragsende weiter finanzieren kann
Möglichkeit 2: Die Projektstelle – Promotionsfinanzierung mit Forschungsschwerpunkt
Doktorand:innen können Geld verdienen, indem sie als Forscher:innen für Projekte von Unternehmen oder Gesellschaften arbeiten. Parallel erfolgt die Erstellung der Dissertation. Im Idealfall ist die Projektstelle thematisch mit der Doktorarbeit verknüpft. Auch die Bezahlung einer Drittmittelstelle bemisst sich in der Regel an den Vorgaben des Tarifvertrages. Eine mögliche Anlaufstelle für die Arbeit an einem Forschungsprojekt ist beispielsweise die Max-Planck-Gesellschaft.
Vorteile:
- Tiefer Einblick in den Ablauf von Forschungsvorhaben
- Thematische Zentrierung
- Netzwerken mit anderen Forscher:innen
Nachteile:
- Schwierig für Promovierende, die unter besonderen Bedingungen promovieren (z.B. mit Kind oder während der Pflege eines Angehörigen), weil die Finanzierung an die Dauer des Projektes gekoppelt ist; endet das Projekt, endet die Finanzierung ebenfalls; auch wenn man beispielsweise Elternzeit nimmt, bekommt man nicht zwangsläufig eine Vertragsverlängerung, weil das Projekt dennoch zu einem bestimmten Zeitpunkt endet
- Ggf. neben der Forschungstätigkeit nur wenig Zeit für die Arbeit an der eigenen Dissertation
Möglichkeit 3: Das Stipendium
Noch vielfältiger als die verschiedenen Wege der Promotionsfinanzierung ist die Auswahl an Stipendien, mit denen Promovierende ihre Qualifikationszeit finanzieren können. Laut „Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2021“ finanzieren sich 15% der Doktorand:innen über ein Stipendium. Ein besonderes Augenmerk sollte auf mögliche Bewerbungsdeadlines und die Voraussetzungen für eine Bewerbung gelegt werden, die sich je nach Stipendiengeber:in unterscheiden können. Allen voran vergeben die parteinahen Stiftungen Stipendien für Promovierende:
- Konrad-Adenauer-Stiftung (CDU)
- Hanns-Seidel-Stiftung (CSU)
- Friedrich-Ebert-Stiftung (SPD)
- Rosa-Luxemburg-Stiftung (Linke)
- Heinrich-Böll-Stiftung (Bündnis 90/die Grünen)
- Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (FDP)
Auch die Studienstiftung der Bundesregierung vergibt ein Stipendium zur Finanzierung von Promotionen. Marcel Friesen, Doktorand an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster, erhält diese Form der Promotionsfinanzierung und berichtet im Interview mit hochschul-job.de von seinen Erfahrungen zu Bewerbung und Organisation.
Die Stipendiat:innen erhalten 1.450 EUR. Promovierende mit Kind können diesen Betrag durch Familien- und Kinderbetreuungszuschläge aufstocken. Zunächst ist die Förderung auf zwei Jahre begrenzt. Mit einem Antrag und einem Bericht zum aktuellen Stand der Forschung kann das Stipendium nochmals um ein weiteres Jahr verlängert werden. In der Regel werden maximal 36 Monate gefördert; Promovierende mit Kind können die Förderung bis zu 48 Monate lang erhalten. Zusätzlich dürfen die Stipendiat:innen eine 25%-Stelle im Bereich Forschung und Lehre oder eine Achtel-Stelle in der freien Wirtschaft übernehmen.
Neben der finanziellen Unterstützung bietet die Studienstiftung auch Möglichkeiten zu Beratung und Vernetzung. Dies umfasst Foren für die Promovierenden, in denen Fragen zur Forschung besprochen werden können und eine Vernetzung mit anderen Promovierenden über Fachbereiche und Qualifikationsstadien hinweg stattfinden kann, Workshops zur Karriereplanung, Konfliktmanagement oder Wissenschaftskommunikation, Schreibretreats oder Forschungskolloquien. Genauere Informationen zu den Voraussetzungen für die Förderung und den Bewerbungsprozess finden sich auf der Webseite der Studienstiftung.
Auf der Webseite des deutschen Stiftungszentrums findet sich ein umfassender Überblick zu Stiftungen von freien Trägern, sortiert nach thematischem Bezug, Art der Förderung und Art der Stiftung.
Vorteile:
- Die Vernetzung mit anderen Doktorand:innen und Wissenschaftler:innen wird gezielt gefördert
- Für Promovierende mit Kind gibt es die Möglichkeit zur Verlängerung der Förderung
- Möglichkeit ortsungebunden zu promovieren
- Das Stipendium ist steuerfrei
- Finanzierung und Betreuung des Promotionsvorhabens sind unabhängig voneinander; das bedeutet weniger Abhängigkeit von einer einzelnen Person
Nachteile:
- Die Zugangsvoraussetzungen sind hoch
- Zeitspanne bis zur Zusage kann lange sein, diese Zeit muss anderweitig finanziell überbrückt werden
- Für die Bewerbung muss ein Exposé zum Dissertationsthema vorgelegt werden; je besser das ist, desto wahrscheinlicher ist die Zusage für das Stipendium; für den Zeitraum der Exposéerstellung muss man sich gesondert um die Finanzierung des täglichen Lebens kümmern
- Maximale Förderdauer ist begrenzt; es bleibt wenig Zeitpuffer, falls die Dissertation doch länger dauert
- Da keine Sozialabgaben über den Arbeitgeber abgeführt werden, muss man sich selbstständig krankenversichern
- Stiftungen erwarten oftmals regelmäßig einen Bericht über den aktuellen Forschungsstand; das kann helfen strukturierter und zielstrebiger zu arbeiten, aber das Verfassen des Berichts braucht Zeit
- Förderung fällt unter Umständen geringer aus als der Verdienst von Angestellten im öffentlichen Dienst
Möglichkeit 4: Das Graduiertenkolleg – Promotionsfinanzierung über die Deutsche Forschungsgesellschaft
Sind Promovierende Mitglied eines Graduiertenkollegs erfolgt die Finanzierung über die Deutsche Forschungsgesellschaft (DFG) im Rahmen eines strukturierten Promotionsprogrammes. Professor:innen stellen bei der DFG einen Antrag auf Unterstützung für ein bestimmtes Oberthema. Ist der Antrag erfolgreich erhält der jeweilige Fachbereich über neun Jahre hinweg eine finanzielle Förderung für die Erforschung eines bestimmten Problemfeldes. Innerhalb dieses Problemfeldes können Doktorand:innen sodann ein Thema für ihre Promotion wählen und erhalten aus der Gesamtförderung ihre persönliche Promotionsfinanzierung. Aktuell sind die Rahmenbedingungen auf eine 65%-Stelle mit 1.365 EUR Verdienst und zusätzliche Sachkostenzuschüssen für die Durchführung der Forschung festgelegt. Derzeit (Stand 16. August 2022) finanziert die DFG bundesweit 240 Graduiertenkollege zu diversen wissenschaftlichen Themen. Doktorand:innen können sich bei der Auswahl der Universität und des Lehrstuhls also bewusst für ein Graduiertenkolleg entscheiden. Maßgeblich ist dann, dass das Thema der Doktorarbeit zum Oberthema passt, für welches die Finanzierung durch die DFG bewilligt ist. Tabea Linde, Doktorandin am Institut für Inflammation und Neurodegeneration an der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg, ist Mitglied eines Graduiertenkollegs. Im Interview mit hochschul-job.de erzählt sie von ihrer Promotion.
Vorteile:
- Aufnahme in die wissenschaftliche Community; Aufbau eines Netzwerkes
- Engmaschige Betreuung (vertraglich geregelt)
Nachteile:
- Vor Beginn der Doktorarbeit muss eine Projektskizze eingereicht werden, um zu prüfen, ob das Forschungsvorhaben zum ausgeschriebenen Oberthema passt; nicht jede Projektskizze wird angenommen
- Die Anstellung ist an die Drittmittelförderung gebunden; wenn die Förderung der DFG ausläuft, endet auch die Finanzierung des Promotionsvorhabens
Möglichkeit 5: Die Kreditförderung
Die Förderbank KfW (Kreditanstalt für den Wiederaufbau) vergibt einen Studienkredit, der sich auch an Promovierende richtet. So sind monatliche Unterstützungszahlungen in Höhe bis zu 650 EUR für maximal sechs Semester möglich. Für den Kredit werden keine Sicherheiten benötigt.
Vorteile:
- Kein aufwendiger Bewerbungsprozess; wenig Voraussetzungen zu erfüllen
- Keine Verpflichtungen abseits der Promotion
Nachteile:
- Start ins Berufsleben mit Schulden
- Ggf. fehlt die Möglichkeit zur Vernetzung mit anderen Doktorand:innen und Wissenschaftler:innen
Möglichkeit 6: Die Kooperation mit einem Unternehmen/Industriepromotion
Wenn das Thema der Dissertation und die daraus erwarteten Ergebnisse für ein Unternehmen der freien Wirtschaft relevant sind, besteht die Möglichkeit sich von diesem Unternehmen für die Dauer der Promotion finanzieren zu lassen. Dafür muss gezielt mit den verschiedenen Unternehmen über Themen, die Ausgestaltung und die Höhe der Finanzierung verhandelt werden. Gleichzeitig wird das Promotionsvorhaben von einem Professor/einer Professorin betreut, da nur die Universitäten (und vereinzelte Hochschulen) das Promotionsrecht haben und dementsprechend berechtigt sind den Doktortitel zu vergeben.
Vorteile:
- Direkte Kontakte in die Arbeitswelt, möglicher Anlaufpunkt für den Berufseinstieg; eignet sich besonders, wenn die spätere Karriere in die freie Wirtschaft führen soll
- Einblicke in die Praxis
- Forschung hat einen Praxisbezug; Ergebnisse können unmittelbare Anwendung finden
Nachteile:
- Man ist in der Ausgestaltung der Dissertation nicht frei, sondern muss sich nach den Interessen des Unternehmens richten; Themen, die aus wissenschaftlicher Sicht interessant sind, müssen aus wirtschaftlicher Perspektive nicht zwangsläufig relevant sein und umgekehrt
- Generell kann sich der Interessensausgleich zwischen Wirtschaft und Wissenschaft schwierig gestalten
- Wenig direkter Kontakt mit dem Betreuer/der Betreuerin an der Universität
- Weniger Vernetzung mit der Wissenschaftscommunity; eher geeignet, wenn der eigene Berufsweg in die Praxis führen soll
Möglichkeit 7: Promotionsfinanzierung mittels Anstellung in der freien Wirtschaft
Es ist möglich während der Promotion an der Universität einem „normalen“ Beruf in der freien Wirtschaft nachzugehen und damit das tägliche Leben zu finanzieren. In diesem Fall sind Beruf und Promotion, anders als bei der Industriepromotion (siehe Möglichkeit 6), unabhängig voneinander. Das heißt, das Unternehmen profitiert nicht von der Promotion und man muss dementsprechend auch keine thematischen Anforderung oder ähnliches erfüllen. Die Verbindung zur Universität besteht über eine Immatrikulation als Promotionsstudent:in.
Dieser Weg der Finanzierung erfordert aber sehr viel Biss und ein gutes Zeitmanagement, da die Arbeitstage sehr lang sind und vermutlich auch Abende und Wochenende für das Vorantreiben der Promotion genutzt werden müssen. Lena Pauli, Doktorandin an der HTWG Konstanz und der Liverpool John Moores University, hat sich für diesen Weg der Promotionsfinanzierung entschieden und berichtet im Interview mit hochschul-job.de davon, wie sie den Spagat zwischen Forschung und Beruf meistert.
Vorteile:
- Finanzierung und Promotion sind komplett unabhängig voneinander; sollte die Promotion scheitern, ist das Gehalt dennoch gesichert und die wirtschaftlichen Einbußen sind überschaubar
Nachteile:
- Arbeit und Promotion gleichzeitig ist schwer zu vereinbaren; es besteht die Gefahr, dass die Promotion im Arbeitsalltag auf der Strecke bleibt und die Qualität leidet
- Wenig direkter Kontakt mit dem Betreuer/der Betreuerin an der Universität
- Weniger Möglichkeiten zur Vernetzung mit der Wissenschaftscommunity
Fazit: Jeder/jede muss für sich selbst die richtige Form der Promotionsfinanzierung finden
Es kann keine abschließende Bewertung vorgenommen werden, welche Form der Promotionsfinanzierung die beste ist. Stattdessen sollten angehende Doktorand:innen sich einen Überblick über die zur Verfügung stehenden Optionen verschaffen und die jeweiligen Vor- und Nachteile für sich selbst reflektieren. Welche Wahl die richtige ist, hängt stark von den jeweiligen Lebensentwürfen, Ansprüchen und Voraussetzungen ab. In manchen Fällen erweist sich auch eine Kombination der verschiedenen Finanzierungsformen als idealer Weg. In der Regel bieten die Universitäten Beratungen zur bestmöglichen Finanzierung für angehende Promovierende an.
Von Carolin Heilig