Geschichtswissenschaften_Uni-Heidelberg

Geschichtswissenschaften – Lohnt sich die Promotion und wie sind die Karriereaussichten?

Alte Geschichte, Mediävistik, Geschichte der frühen Neuzeit und Zeitgeschichte – Der Fachbereich Geschichtswissenschaften bietet einiges an Vielfalt und der Studiengang ist beliebt. Laut Erhebung des Statistischen Bundesamtes waren im Wintersemester 2021/2022 41.559 Studierende in ein Studium der Geschichte eingeschrieben. 3.241 Nachwuchswissenschaftler:innen streben zudem nach einer Promotion in den Geschichtswissenschaften.

Seminar für Alte Geschichte – drei deutsche Universitäten sind unter den internationalen Spitzenreitern

Im Jahr 2020 schafften es die Ludwig-Maximilians-Universität München, die Humboldt-Universität Berlin und die Universität Heidelberg im World University Ranking des britischen Analyseinstituts Quacquarelli Symonds (QS) für ihre Seminare der Alten Geschichte unter die besten zehn Universitäten der Welt. Damit konnten sich die drei deutschen Institutionen in der Geschichtswissenschaft im Vergleich mit der internationalen Konkurrenz behaupten.

Gemessen wird die Qualität der Universitäten unter anderem an der Häufigkeit der Forschungspublikationen an den einzelnen Institutionen. Problematisch für das Ranking aus deutscher Sicht ist, dass den deutschen Universitäten im internationalen Vergleich eher wenig finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, da Studiengebühren, im Unterschied zu anderen Ländern, beispielsweise komplett abgeschafft wurden.

Geschichtswissenschaften – der Fachbereich hat ein Finanzierungsproblem

Besonders in den Fachbereichen der Geisteswissenschaften stehen oftmals nur wenig finanzielle Mittel zur Verfügung. Dies beeinflusst die Situation für Studierende, wissenschaftliche Mitarbeiter:innen und Doktorand:innen negativ.

So moniert der Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands e.V. in einer Resolution zur besseren Ausgestaltung von Berufswegen in der Wissenschaft für Historiker:innen, dass der wissenschaftliche Betrieb in den Geschichtswissenschaften in eine Schieflage geraten sei. Die Grundfinanzierung pro Student:in am Fachbereich sei zu gering. Diese Lücken würden notdürftig über drittmittelfinanzierte Forschungsprojekte gefüllt. Allerdings seien die Anstellungen im Rahmen dieser Projekte immer befristet. Auch Haushaltsstellen für Doktorand:innen und Postdocs würden nur mit Befristung vergeben. Selbst nach einer Habilitation sei eine entfristete Stelle nicht sicher. All dies zusammengenommen, führt, laut Ansicht des Verbandes der Historiker und Historikerinnen Deutschlands e.V., dazu, dass der akademische Betrieb als Karriereweg für Geschichtswissenschaftler:innen unattraktiv erscheint und dadurch die Qualität der Forschung im gesamten Fachbereich leidet.

Karriereaussichten für Historiker:innen mit und ohne Promotion

Anders als in den ingenieurs- oder naturwissenschaftlichen Fachbereichen, sind die Karriereaussichten für Historiker:innen alles andere als rosig. Manche bezeichnen den Fachbereich gar als „brotlose Kunst“.

Nach einer abgeschlossenen Promotion steht natürlich der Weg in die Wissenschaft offen, aber die Stellen sind begrenzt, werden zumeist, wie eben beschrieben, nur befristet ausgeschrieben und wenn eine Professur erst einmal vergeben wurde, ist die Stelle auf Lebzeit besetzt und Anwärter:innen brauchen einen Plan B.

Klassische Arbeitgeber:innen für Historiker:innen abseits des akademischen Betriebes sind Museen, Kultureinrichtungen, Bibliotheken, Verlage, Stiftungen oder Archive. Innerhalb der Museen eröffnen sich wiederum unterschiedliche Aufgabenbereiche, wie die Besucher:innenbetreuung, die Öffentlichkeitsarbeit, die Forschung, die Verwaltung, das Management oder das Kuratorium.

Auch an Schulen oder Volkshochschulen finden Historiker:innen eine Anstellung. Wer sich etwas weiter vom eigentlichen Fachbereich entfernen möchte, könnte beispielsweise im Journalismus, in der PR oder in Übersetzungsbüros eine Anstellung finden. Auch Ministerien oder Institutionen der Europäischen Union besetzen Stellen teilweise mit Historiker:innen.

Je nach Berufswunsch sollte man bereits während des Studiums die entsprechenden fachlichen Vertiefungen wählen, die zum späteren Karriereziel passen und durch Praktika entsprechende praktische Erfahrung sammeln.

Für Promovierende der Geschichtswissenschaften ist die Universität Heidelberg eine begehrte Adresse – Foto: Universität Heidelberg – Kommunikation und Marketing

Karriereziel Museum – Promotion erwünscht

Der berufliche Einsatz in einem Museum erfordert zumeist ein wissenschaftliches Volontariat. Eine Stellenbörse hierfür findet sich auf der Webseite des Deutschen Museumsbundes. Je nach Ausbildungsstädte beinhaltet dieses Volontariat die Unterstützung bei Ausstellungskonzeptionen, die Realisierung eigener Ausstellungen, die Pflege und wissenschaftliche Aufarbeitung von Sammlungen oder die redaktionelle Bearbeitung von Ausstellungskatalogen.

Ein Master ist in jedem Fall Pflicht für die Aufnahme eines wissenschaftlichen Volontariats. Einige Museen wünschen sogar eine abgeschlossene Promotion. Darüber hinaus sind erste praktische Erfahrungen Voraussetzung für die Volontariatsstellen. Historiker:innen, die ihre berufliche Zukunft außerhalb des akademischen Betriebs sehen, seien allgemein gut beraten im Rahmen von Praktika und Nebenjobs praktische Erfahrungen zu sammeln und Kontakte zu knüpfen, sagt Dr. Nora Hilgert, ehemalige Geschäftsführerin des Verbandes der Historiker und Historikerinnen Deutschlands e.V..

Eine an das Volontariat anschließende Anstellung ist leider nicht sicher, da Museen oftmals in Hand kommunaler oder staatlicher Trägerschaft sind und dementsprechend einem Spardruck unterliegen.

Wer den Karriereweg ins Archiv einschlagen möchte, muss das Studium der Geschichte durch eine weitere Ausbildung im Archivwesen, entweder an der Archivschule Marburg oder an der Fachhochschule Potsdam, vertiefen.

Wie finanzieren Historiker:innen ihre Promotionszeit?

Grundsätzlich stehen Historiker:innen dieselben Finanzierungswege offen, wie den Doktorand:innen anderer Fachbereiche. Einen Überblick zu den verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten findest Du auf unserer Webseite.

Darüber hinaus gibt es für Doktorand:innen der Geschichtswissenschaften eine Auswahl an speziell zugeschnittenen Stipendien. Der Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands e.V. vergibt beispielsweise im Rahmen des jährlichen Historikertages ein Stipendium an innovative und qualitativ herausragende Promotionsprojekte. Die Gewinner:innen erhalten eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 500 EUR.

Ein weitere Förderin der Geschichtsdoktorand:innen ist die Gerda-Henkel-Stiftung. Die Stiftung fördert Promotionsprojekte in den historischen Geisteswissenschaften mit den thematischen Schwerpunkten „Demokratie“, „Flucht“ und „Lost Cities“. Ziel der Forschungsprojekte solle dabei sein, aktuelle Problemlagen in größere historische Zusammenhänge einzubetten.

Die Stipendiat:innen erhalten über den Zeitraum von zwölf bis 24 Monaten eine finanzielle Förderung in Höhe von 1.600 EUR monatlich. In begründeten Fällen kann die Förderdauer um ein weiteres, drittes Jahr verlängert werden (darunter fällt zum Beispiel eine Schwangerschaft, Doktorand:innen mit Kind haben zudem Anspruch auf Mutterschutz und Elternzeit). Die Fördersumme kann durch Sach- und Reisemittel sowie durch Familien- oder Auslandszuschläge weiter ergänzt werden. Zudem ist eine Nebentätigkeit im Umfang von fünf Stunden pro Woche zulässig. Detaillierte Informationen zu den Voraussetzungen für eine Bewerbung um das Promotionsstipendium der Gerda-Henkel-Stiftung finden sich auf der Webseite der Stiftung.

Verband der Deutschen Historiker und Historikerinnen Deutschlands e.V. setzt sich für gute Promotionsbedingungen ein

Dokorand:innen der Geschichtswissenschaften haben mit dem Verband der Deutschen Historiker und Historikerinnen Deutschlands e.V. einen starken Fürsprecher. So setzte sich der Verband während der Corona-Pandemie für die Doktorand:innen ein, die beispielsweise aufgrund von flächendeckenden und lang andauernden Archivschließungen ihre Forschungsarbeiten nicht vorantreiben konnten.

Vorsitzender des Verbands der Historiker und Historikerinnen Deutschlands e.V. Prof. Dr. Lutz Raphael – Foto Stephan Höck

Demensprechend forderte der Verband in einem offenen Brief an die damalige Bundesministerin für Bildung und Forschung, Anja Karliczek, und die damalige Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Gütters, die Öffnung von Archiven analog zur Öffnung von Schulen und Bibliotheken und die Möglichkeit auf eine Verlängerung der finanziellen Förderung, wenn das Forschungsprojekt beispielsweise durch die Schließungen erheblich erschwert wurde.

Gehalt – Was verdienen Historiker:innen nach der Qualifikationszeit?

Historiker:innen gehören definitiv nicht zu den Großverdiener:innen in den Geisteswissenschaften. Laut Stepstone-Gehaltsreport aus dem Jahr 2021 verdienen Absolvent:innen eines Geschichtswissenschaftsstudium bei Berufseinstieg jährlich knapp 37.000 EUR. Das durchschnittliche Brutto-Jahresgehalt in der gesamten Branche liegt bei gut 39.000 EUR. Bei einer Tätigkeit im Museum wird ein Jahresgehalt in Höhe von 30.000 EUR brutto bezahlt. Der Verdienst bei Anstellungen in Bibliotheken oder Archiven liegt oftmals sogar noch darunter.

Höhere Verdienste sind möglich, wenn eine Anstellung im öffentlichen Dienst vorliegt. Einige Museen und Kultureinrichtungen (wie beispielsweise Schlösser) sind in öffentlicher Hand. Auch Ministerien oder Verwaltungen stellen Historiker:innen ein. Angestellte im öffentlichen Dienst werden nach dem Tarifvertrag von Bund und Ländern entlohnt. Bei entsprechender Ausbildung (mindestens Master-Abschluss, teilweise auch Promotion) ist eine Einstufung in den gehobenen Dienst möglich, was sich positiv auf die Höhe des Gehalts auswirkt.

Fazit – Lohnt sich eine Promotion für Historiker:innen?

Viele der Stellenangebote im Bereich Geschichte setzen eine Promotion voraus. Gerade wenn Historiker:innen an einer leitenden Tätigkeit im Museum oder in einer Bibliothek interessiert sind, ist die Promotion unbedingte Voraussetzung. Im öffentlichen Dienst erlaubt die Promotion die Einstufung in eine höhere Entgeltstufe und damit einen höheren Verdienst.

Auch vor dem Hintergrund, dass die Stellenangebote in der Geschichtswissenschaft eher knapp bemessen sind, aber dennoch zahlreiche Studierende nach ihrem Abschluss auf den Arbeitsmarkt geschwemmt werden, kann die abgeschlossene Promotion eine Möglichkeit sein, um sich im Bewerbungsverfahren gegen Konkurrent:innen durchzusetzen. Um diesen Vorteil voll ausnutzen zu können, sollte man aber bereits bei der Wahl des Promotionsthemas bedenken, dass es eine Anschlussfähigkeit im nicht-akademischen Bereich bietet und thematisch zu den eigenen Karriereperspektive passt.

Von Carolin Heilig

Geschichtswissenschaften, Karriere und Wissenschaft